Benno Delvai

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© B.D.ESIGN, Benno Delvai

In der Kürze liegt die Würze

Immer wieder werde ich auf die etwas normsprengende Länge meiner Rechnungen angesprochen. Natürlich liegt mir das geistige Wohlbefinden meiner Rechnungsempfänger so sehr am Herzen, dass es mir als eine hehre Pflicht meinerseits erscheint diese Frage umgehend zu beantworten. Insofern auch die Freigabe von Zeit und Energie meiner geneigten Leser – auch im Interesse der Volkswirtschaft und der Gesundung des Bruttosozialproduktes – mir eine Sache von höchster Dringlichkeit zu sein scheint, mit dem erhofften Resultat, dass sie sich wieder uneingeschränkt den wichtigen Fragen und Aufgaben des Lebens widmen können.  Dessen eingedenk möchte ich nun jegliche Verzögerung verhindernd und so unkompliziert als möglich, die Schatten des Mysteriums der Rechnungstextlänge lüften und ohne weitere Ausschweifungen meinerseits, in schonungsloser Kürze dem geschätzten Leser die erschütternden Wahrheiten, die diesem Phänomen zu Grunde liegen schildern.

 

Bevor ich mit dem Schreiben des Textes beginne gehe ich in mich und nach einer Konsul­tation meines Gurus – in Anbetracht der Abgeschiedenheit seiner Klause in den unzugäng­lichen Bergregion Nordindiens nur in Brieflicher Form möglich – und der Sitzung bei einem renommierten Psychiater in Wien, schreite ich unverzüglich zu der Abfassung eines kurzen Manifests, worin ich nochmals alle wichtigen Punkte, die es bei der Verfassung des Rechnungs­textes zu beachten gilt aufliste, um mir die Arbeit somit im wesentlichen zu vereinfach­en.  Zusätzlich konsultiere ich die neusten astrologischen Wahrheiten der Glückspost und arrangiere meine Wohnung in Bezug zu den Lehren des Feng Schui, um den Geist des grossen Wasserdrachen zu besänftigen. Nach all diesen Vorbereitungen schreite ich nun energisch zur Tat, das heisst ich würde energisch zur Tat schreiten hätte mich nicht all diese Vorbereitung in einen Zustand der körperlich und geistigen Erschöpfung gebracht, der nur durch die Einnahme einer kleinen Stärkung überwunden werden kann. Sobald ich dann aus dem Verdauungsschlaf erwache packe ich den Stier bei den Hörnern – bildlich gesprochen – und beginne unverzüglich zu schreiben. Ich starte den Computer und nach einer kleinen Fingergymnastik und der Erinnerung meinerseits an die Tatsache das ich dieses Mal einen Kurzen Text schreiben möchte tippe ich auf der Tastatur das Wort « D I E S ». Gerade als ich das zweite Wort niederschreiben möchte, immer noch in einer internen philologischen Diskus­sion um die Bedeutung dieses Wortes in der Entwicklung der deutsche Sprache vertieft, klinge­lt jemand an der Türe. Ich unterbreche also meine Arbeit und öffne die Geklingelte und bevor ich mich richtig versehe bin ich schon in einer religiösen Grundsatzdiskussion mit zwei Zeugen Jehovas verwickelt. Nachdem ich die Beiden nach nur 2 Stunden verabschiedet habe, eile ich mit dem Gedanken um die Kürze des Textes zurück ins Arbeitszimmer. Sofort, also nach dem Check aller meiner E-Mails und der Briefpost der letzten drei Tage schreite ich zur Tat und mit einer mich selbst ein wenig überraschenden Geschwindigkeit erscheinen auf dem Bildschirm die beiden Worte « I S T » und « M E I N E ». Ein wenig schwindelig über die Eile in der diese Worte wie durch Geisterhand auf dem Bildschirm erschienen sind, vertippe ich mich und löse einen Computerabsturz aus. Als auch der zwanzigste Neustart nichts an der Situation ändert bestelle ich einen Computerfachmann, der mir mit sehr einleuchtenden Argumenten eine ganz neue Anlage verkauft und mir nach einer Installationszeit von nur etwa drei Wochen freudig verkündet, dass jetzt alles wieder tip top funktionieren würde und er sich nicht daran erinnern könne, wann ihm das letzte mal eine Installation so schnell gelungen sei. Fünf Wochen Arbeit im Kohlenbergwerk genügen um mir die Bezahlung der Rechnung des Computertechnikers zu ermöglichen. Als ich dies erledigt habe setze ich mich wieder an den Apparat und schreibe alle drei Worte noch einmal, da ich ja das letzt­e mal vergessen hatte eine Sicherung meines Textes zu machen. Beim Sinnieren über die von mir gewünschte Kürze meines Ausfluges in literarische Gebiete werden meine Gedanken durch das zwitschern eines Vogel und den Duft des Regens vor dem Fenster in die Weiten der australischen Wälder und Wüsten geleitet. Mit einem Ruck erwache ich am nächsten Morgen aus meinen Träumen und weiss auf unerklärliche Weise exakt welches Wort meinen Text zur Vollendung bringen wird und sogar die von mir ursprünglich beabsichtigte Bedeutung mit kristallener Klarheit dem unvorbereiteten Leser unmissverständlich und mit beissender Kürze vermitteln kann. Mit einer Leichtigkeit wie ich sie seit Jahren nicht mehr verspürte huschen meine Finger über die Tastatur des Keybords und vor meinen Augen materialisiert sich das Wort « R E C H N U N G » auf dem Bildschirm. Es ist vollbracht denke ich und meine Lippen verziehen sich zu einem Lächeln.

 

Nun also ist der Schleier gelüftet und so geschätzter Leser wissen Sie jetzt, warum Sie dieses Mal einen so kurzen Rechnungstext vor Sich haben. Zusätzlich konnten Sie so hoffe ich auch ein wenig hinter die Kulissen schauen und sich jetzt ein Bild machen über den Aufwand den eine so kleine, einfache Sache wie eine Rechnung auslösen kann, wenn der Verfasser dies mit der nötigen Ernsthaftigkeit erledigen möchte. Um ihm dies auch in Zukunft zu ermög­lichen bitte ich Sie um eine Einzahlung in der Höhe von [X] Schweizer Franken (inkl. MwSt), auf mein Postcheque-Konto 87-472560-2.

 

BENNO DELVAI

Einer der auszog um Rechnungen zu schreiben.