Benno Delvai

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Das Dodo Debakel oder ein kleiner Kurs in Aviatik

Es war einmal eine kleine Insel im indischen Ozean, auf der lebte alleine und vergnügt ein Volk von fleissigen Hamstern. Sie arbeiteten von morgens bis abends und häuften Geld an, wie es Hamster nun einmal so tun. Manchmal wenn sie, ihre Blicke von der Arbeit abwendend, in den blauen Himmel schauten, sahen sie grosse Vögel majestätisch durch die Lüfte gleiten. Dann überkam die Hamster das Fernweh und sie wünschten sich auch solche Vögel zu besitzen (wie ihre Nachbarn), mit denen sie etwas von der grossen weiten Welt sehen könnten. Einige Hamster meinten es wäre doch gut, wenn die eigenen Wirtschaftsführer mehr in der Welt herumkommen würden und auch einige ihrer Produkte schneller an die Kunden gelangen könnten, als das bisher mit Flaschenpost möglich gewesen sei.

 

Im Laufe der Zeit nahm dieser Wunsch konkretere Formen an und so überlegte man sich auf der Insel, wie man selber in den Besitz solcher Fluggeräte gelangen könnte. Zuerst versuchte­n einige Pioniere es mit Flughörnchen und Fledermäusen. Es gab auch erste bescheidene Erfolge zu verzeichnen und man nahm Kontakt mit nahegelegenen Inseln auf. Aber es war mit diesen Mittel­n immer noch nicht wirklich möglich entferntere Ziele zu erreiche­n, da die Reichweite besonders bei den Flughörnchen sehr begrenzt war. Immer mehr kamen nun Stimmen auf doch mal im eigenen Land nach Vögeln zu suchen, die eine bestimmte Grösse besässen um den Transport von grösseren Mengen von Hamstern und Waren zu gewährleisten. Neidisch blickte man zu den Nachbarn, die über Seeadler, Sturmtaucher und sogar über Albatrosse verfügten und man sagte sich ein Land wie das eigene müsst­e doch auch über, seiner finanziellen Grösse und dem sozialen Prestige, entsprechend­e Luftschif­fe verfügen können. Nach intensiver Suche fand man in einer beinahe unzugäng­lichen Regio­n der Insel einen eigenen Riesenvogel. Es war die Dronte, wie ihn die Spezialisten nannte­n, ein wahres Schwergewicht unter den Vögeln. Mit von stolz geschwellter Brust erklärten die Hamster jedem der es hören wollte und auch den meisten anderen, dass sie nun auch wer seien. Jetzt hätten sie die besten Luftverbindungen und auch der Service an Bord genüge nun den höchste Ansprüchen, wie Umfragen in allen Ländern zur Freude der Hamste­r Jahr um Jahr verkündeten. Ja man war stolz auf der kleinen Insel. Natürlich gab es auch einige kritische Stimmen, die auf einige der Mängel, wie den ungeheuren Verbrauch an Nahrung, dem daraus resultierende Gewicht und die nur beschränkte Flugfähigkeit der Dront­e hinwiesen. Im gegenwärtigen Klima der Freude hörte aber niemand auf diese Miesmac­her.

 

Im Laufe der Jahre schlossen sich die ausländischen Vögeln zu Schwärmen zusammen um die Effizienz des Fliegens, unter anderem durch den geringeren Luftwider­stand der einzelnen Vögel, zu erhöhen. Auch wurden durch gewisse Zuchtprogramme die zum Flug nötige Nahrungsaufnahme drastisch verringert. Durch diesen Konkurenzkampf verringerte sich unter den diversen Schwärmen der Preis für die Passagiere enorm. Natürlich sah man auch auf der Insel diesen Entwicklungen nicht ohne eine gewisse Unruhe zu. Da man aber wusste, die beste Vogelflotte zu besitzen, sagte einige der führenden Nager, man soll­e sich nicht einem der anderen Vogelschwärme angliedern, sondern man solle versuchen einen eigenen Schwarm zu bilden. Und so begann der Aufkauf von anderen Vögeln. Auch hier meldeten sich wieder einige Realisten zu Worte und wiesen auf eine zu ver­mu­ten­d­e Flugunfähigkeit von Kakapo­s, Pinguinen und Kiwis hin, sehr zum Ärger der heimische­n Führungs­elite. Diese wiederum wiese­n auf das besonders schöne Gefieder des Kakapos, der wunder­baren Wärmeisolierung der Pinguinfedern und dem ausgesprochen stark entwickelten Geruchssinn der Kiwis hin, und sagten man solle den Gerüchten über die Flug­untaug­lichkeit dieser Vögel nicht eine zu grosse Aufmerksamkeit schenken.

 

Mit der Zeit aber häuften sich Ereignisse, die auch der stärkste Befürworter der Vorwärtsstrategie der Dronten­leitung nicht mehr wegdiskutieren konnte. So kam es, dass sich vermehr­t Ornithologen zu Worte meldeten, die recht schlüssig beweisen konnten, dass es sich bei den akquirierten Federtieren tatsächlich um gänzlich flugunfähige Vögel handelte. Sofort kamen die Drontenmanager auf den Plan und erwähnten, dass hier die Ornithologen wahrscheinlich recht hätten, dass dies ihnen aber bei der Erwerbung der Flugobjekte nieman­d gesagt hätte und niemand Zeit gehabt habe mal ein Vogelbuch zu lesen. Die Dronte aber sei ein ganz und gar gesunder Vogel und so müsse man in dieser Hinsicht absolut nichts negatives befürchten. Diese Aussage galt gerade mal drei Tage bis einige der bekanntesten Vogelkundler der Welt darauf hinwie­sen, dass die Dronte auch Dodo genannt ein ebenfalls flugunfähiger Vogel und daru­m gänzlich untauglich für das Flug­geschäft sei. Verschlimmernd sei in diesem Fall aber auch, die noch zu er­wäh­nende Tatsache, dass der Dodo schon seit einige­n Jahrhun­derten ausgestorb­en sei. Und so kam es zum «Grounding der Dodos», bei dem auch einige als sicher geltende Anlagen sich mit dem Dodo verbündeten und ausstarben.

 

Wie immer hoffe ich, Ihnen, treuer Leser mit dieser Geschichte ein wenig beim persönlichen Umgang mit den eigenen Vermögenswerten helfen zu können, und so kann ich nun mit vollster Überzeugung und einigem Stolz auf die wohl beste Anlagemöglichkeit für Ihre Ersparnisse hinwei­sen, die zu kennen mir vergönnt ist. Zögern Sie nicht länger, sondern zahle­n Sie sofort eine Summe in der Höhe von [X] Schweizer Franke­n (inkl. MwSt) auf mein Postcheque–Konto 87–472560–2 ein. Ich aber verspreche Ihnen, nie fliegen gekonnt zu haben und auch niemals irgendwelche Andeutungen im Bezug einer Fähigkeit meinerseits, in dieser Richtung, gemacht zu haben. Selbsterklärend werden Sie auch bei dieser Anlage Ihr Geld niemals wieder­sehen, haben aber durch diese frühe Ankündigung meinerseits immerhin die Möglichkeit Ihr weiteres Leben darauf einzu­stellen. In diesem Sinne hoffe ich, Sie bei einer geregelten Zukunft Ihrerseits unterstützt zu haben.

 

BENNO DELVAI

Fliegt nicht – schwimmt aber zumindest im Geld

(Geschrieben kurz nach dem Grounding der Swissair)